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Open Access Kultur der Digitalität statt digitaler Bildungsrevolution

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Verlässlich nimmt die öffentliche Diskussion um Medien und Medienwirkung mit jeder technischen Innovation (mit Einführung des gedruckten Buches, der Massenpresse, des Kinos, des Genre Zeichentrick, des privaten Fernsehens, der Computerspiele, der First Person Shooter, der Social Media Plattformen) neben einer technikeuphorischen Sicht gegenüber dem Produkt eine pessimistische Haltung gegenüber dem Menschen ein und sieht ihn letztendlich als isoliertes Individuum und passives Opfer der linear kausalen Wirkung von Technologien.1 Im Kontrast zur technikdeterministischen Haltung stehen im Fokus pädagogischen Handelns das Entwicklungspotential des Menschen, die Entwicklung seiner Urteilskraft, die Performativität menschlichen Verhaltens2 in dem ,,trotz aller Routine immer schon Unberechenbares und Improvisation steckt“,3 die kreative und produktive Auseinandersetzung mit Unbestimmtheit, die Fähigkeit und Bereitschaft zu Selbst-, Mitbestimmung und Solidarität,4 sowie seine Teilhabe an der Produktion von kollektiven Medienpraktiken. Die Ressourcenorientierung in der Medienpädagogik sieht Technologien nicht primär optimistisch, euphorisch oder pessimistisch, sondern betrachtet Nutzungspraktiken. Dennoch stellt sich mit der Digitalisierung aller Lebensbereiche und mit sich wandelnden sozio-techno-ökonomischen Systemen die Frage, ob diese im Vergleich zu bisherigen Medien neue Qualitäten haben – ,,aber vielleicht ist es diesmal ernst“. Cybermobbing und Sexting sind Themen der öffentlichen Diskussion, die beforscht werden und zu denen Medienpädagogen präventive Maßnahmen entwickeln. Diese Themen rahmen die betreffenden Phänomene typischerweise als Probleme zwischenmenschlicher Kommunikation und sind methodologisch am Individuum orientiert, obwohl sichtbar wird, dass in der Resonanz auf entsprechende Fälle spezifische soziale Ordnungen aufrechterhalten oder überwunden geglaubte Zuschreibungen zu Geschlecht erzeugt werden – der Umgang mit Sexting kann im Sinne von ,,Doing Gender“ in spezifischer Weise Weiblichkeit herstellen5 und kann entsprechend auch als gesellschaftliches Thema gerahmt werden. In der Theoriebildung fand der Wechsel des Paradigmas von der Medienwirkung zur Mediennutzung ab den 60er Jahren statt.6 Menschen nutzen Medien zur Bewältigung ihres Alltags und ihrer Entwicklungsaufgaben in der Lebensspanne, stellen mit Medien soziale Situationen her und gestalten sie. Gegebenenfalls nutzen sie Medien produktiv um und verwenden sie in einer Weise, die der Designer nicht antizipiert oder intendiert hat. Daniel Miller, Anthropologe, beschreibt zum Beispiel, dass das Teilen von freizügigen Bildern via Snapchat als Vertrauensbeweis und Bekräftigung der Freundschaft genutzt wird. Bleiben Öffentlichkeit und Wissenschaft in der Analyse der Digitalisierung dennoch am Individuum, an handlungsorientierten Modellen, zwischenmenschlicher Kommunikation oder dem instrumentellen Einsatz in Bildungsinstitutionen orientiert? Es soll in diesem Text nicht um Phänomene zwischenmenschlicher Kommunikation gehen, sondern um das Verhältnis des Individuellen zum Sozialen. Und um eine dritte Perspektive neben Technikdeterminismus und Nutzerorientierung.

Document Type: Research Article

Publication date: 01 January 2017

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